Symbol der Meinungs- und Pressefreiheit

Restauratorin Judith Schumann

Restauratorin Judith Schumann/ Pixelburst bei der Begutachtung des restaurierten Original-Urteils gegen Johann Philipp Palm

Todestag von Buchhändler und Verleger Johann Philipp Palm

Der Buchhändler und Verleger Johann Philipp Palm aus Schorndorf wurde heute vor 220 Jahren erschossen. 

Ein Original des zweisprachigen Urteils gegen Palm befindet sich im Besitz der Palm-Stiftung.

SCHORNDORF. Ob er sich bewusst der Gefahr aussetzte oder eher unversehens in die üble Lage geriet, lässt sich bis heute nicht eindeutig sagen. Fest steht, dass der Buchhändler Johann Philipp Palm 1766 in Schorndorf am Marktplatz geboren wurde und seit 1798 die Stein´sche Verlagsbuchhandlung in Nürnberg führte. Von dort aus ließ er im Sommer 1806 die Flugschrift „Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung“ drucken und verkaufen. Das kleinformatige Büchlein war nicht gerade ein Bestseller, aber sein Inhalt war brisant: Er schilderte in deutlichen Worten das rücksichtslose Verhalten der französischen Besatzungstruppen, die steigende wirtschaftliche Not und die zugespitzte politische Lage in vielen Städten Süddeutschlands. Auch die regierenden Fürstenhäuser wurden kritisiert. Sie würden die Lage der Bevölkerung ignorieren und nur ihren eigenen Vorteil bei der Zuteilung von Titeln und Herrschaftsgebieten durch Napoleon suchen.

Palm wurde am 19.8.1806 verhaftet und nach Braunau am Inn, eine französische Militärgarnison auf österreichischem Boden, verschleppt. Das Todesurteil gegen Palm war von Napoleon persönlich bereits Wochen zuvor festgesetzt worden. Annette Krönert, Mitglied im Vorstand der Palm-Stiftung, kennt die Geschichte Palms aus Büchern und Quellen, die sich im Archiv der Palm-Stiftung befinden. „Ich frage mich, wann Palm klar wurde, dass er weder einen Verteidiger noch eine Chance erhalten würde,“ versucht sie das Geschehene nachzuvollziehen. Denn eigentlich hätte nicht er, sondern nur der Verfasser des Buches verurteilt werden dürfen. Doch der ist bis heute unbekannt. Palm hat seinen Namen mit ins Grab genommen.

Krönert zieht eine Parallele: „Damals wie heute, ob Napoleon, Putin oder Assad, autokratische Herrscher veranstalten immer noch mit einigem Aufwand Schauprozesse. So wird vordergründig der Schein gewahrt, obwohl die Verfahren ohne jede Rechtssicherheit oder Rechtsgrundlage für die Betroffenen stattfinden. Das erleben immer noch zahllose Inhaftierte weltweit. Wo es an Grund- und Menschenrechten fehlt, bleibt der oder die Einzelne der Willkür des Regimes schutzlos ausgeliefert.“

Das Urteil gegen Palm wurde auf Deutsch und Französisch in 6.000 Exemplaren im ganzen deutschsprachigen Raum plakatiert, ein enormer Aufwand. Zum Vergleich: Tageszeitungen hatten damals oft nur eine Auflage von 3.000 Stück. Ein Original des Urteils befindet sich heute im Archiv der Palm-Stiftung. Annette Krönert hat es bei Aufräumarbeiten eher zufällig gefunden. „Weil es durch die jahrelange Lagerung im Keller in sehr schlechtem Zustand war, haben wir es aufwändig restaurieren lassen. Es ist ein wichtiges Dokument für unserer Stiftungsarbeit,“ schwärmt Krönert.

Denn die Tat des Buchhändlers und Verlegers Palm wirkt bis heute nach. Bereits zum 12. Mal verleiht die Palm-Stiftung in diesem Jahr den mit 20.000€ dotierten internationalen Johann-Philipp-Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit an Menschen, die sich in herausragender Weise für das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung einsetzen. Ausgezeichnet werden Maryna Zolatawa, inhaftierte Journalistin und ehemalige Chefredakteurin der mittlerweile verbotenen Nachrichtenseite tut.by aus Belarus und ZanTimes, eine von Frauen geführte investigative Nachrichtenredaktion, die hauptsächlich über weibliche und queere Themen in und aus Afghanistan berichtet.

Der Festakt zur Vergabe des Preises ist öffentlich und findet am Sonntag, 1. Dezember 2024 um 11:00 Uhr in der Barbara-Künkelin-Halle in Schorndorf statt.